Auszüge aus Manfred Pohlen's und Margarethe Bautz-Holzherr's
"Eine andere Aufklärung"

Das Freudsche Subjekt in der Analyse

Informationen zu Manfred Pohlen von der Uni Marburg

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Vorrede

Dieser Diskurs ist keine Schrift über Freud, keine Rückkehr zu Freud: es ist der Versuch, Freud mit Freud zu lesen und über Freud hinaus.

Aus dem Freudschen Widerspruchsdenken führen Spuren, die Fragen aufgeben, ständig neu zu denken und umzudenken. Den Selbst-Widersprüchen Freuds, der Gespaltenheit seines Werkes, ist eine Spur immanent, die sich als Leitlinie durch den Text zieht: es ist die Spur der physis, auf der wir gegangen sind. Das Denken am Leitfaden des Körpers ist der dominierende Gedankengang Freuds, dessen Text Denken als Auslegung des Körpers aufzeichnet, dessen Erkenntnisse die Geschichte des Geistes als Triebschicksal aufdeckt. Psychoanalyse als "Schule des Verdachts" (Nietzsche) gegenüber Vergeistigung ist Schule des Lebens unter der Optik des Körpers: die Auswahl des Wahrzunehmenden unter der Perspektive des Triebes ist zugleich die Auslegung einer triebbestimmten Bedeutungs- und Lebenswelt des Subjekts.

Psychoanalyse hat mit den allernächsten Dingen des Körpers zu tun und mit deren Entfernung durch Vergeistigung (Sublimation). Die Spur der physis, der dieser Diskurs folgt, ist die Führungslinie durch den Freudschen Text. Diese Linie kreuzt sich mit anderen Lesarten, stößt auf andere Auslegungen, eckt an anderes Denken, bahnt sich in der Auseinandersetzung mit diesem den eigenen Gedanken-Gang. Psychoanalysekritik auf diesem anstößigen Weg kann aber nicht Preisgabe der Psychoanalyse heißen, sondern Mißtrauen gegenüber dem eigenen Denken durch die Erkenntnismittel der Psychoanalyse.

Die Lesart eines Textes bringt ihn in seine Auseinandersetzung: der Sinn eines Textes fällt bei der Lektüre nicht ab wie Schlacken (Benjamin). Existentiell für das Fortwirken des Freudschen Denkens ist, auf welcher Spur es aufgenommen wird und weiterführt in eine Zukunft hinein. Fortwirksam wird der Anspruch des psychoanalytischen Denkens dort sein, wo es auf das Versprechen des Freudschen Textes hört: Denken als Experiment des Erkennens aus einem leibhaftigen Leben – und nicht auf der ichpsychologischen Spur der "Dämme gegen die Flut" und der "Trockenlegung der Zuider-See".

Wir haben im Nachdenken einen liebenden Blick auf die Schöpfung Freuds, die Psychoanalyse, geworfen, vermochten aber nicht, seiner Bewegung einen solchen Blick zu schenken: der gedankenlose Umgang mit dem Werk Freuds, die veräußerlichte Identifizierung mit seiner Autorität, die zu jenem unerträglichen Autoritarismus der Orthodoxie geführt hat, der konformistische Umgang mit dem Freudschen Text, dem durch Harmonisierung der Widerspruchsgeist ausgetrieben wird, die Kanonisierung der Freudschen Texte, die einen Dogmatismus schuf, dem das Aushalten in einem unvollendeten System mit freien und unabgeschlossenen Aussichten ein Ärgernis ist. Die Modernisierung der Psychoanalyse hat sich in dieser Herstellung eines einheitlichen, für die psychoanalytische Sprachgemeinschaft widerspruchsfreien und verbindlichen Textes eingerichtet und psychoanalytisches Denken auf die Konsensideologie der Sprachgemeinschaft der Moderne ausgerichtet und abgeschlossen – Konsenswahrheit erweist sich als Unterdrückung von Wahrheitsverlangen.

Der Gedankengang unseres Diskurses folgt einer Spur, die auf dem Weg zum Körper unserer Abneigung gegen das Ein-für-allemal geschlossener Systeme entgegenkommt. Das Leiblich-Materielle, das uns in der Auslegung der Freudschen Texte zur produktiven Unabgeschlossenheit des unfertigen, nie endenden Gattungskörpers geführt hat, ist der Leitfaden, dem wir mit Lust gefolgt sind, unterwegs zu den leibhaftigen Wahrheiten. Solche Lesart der Psychoanalyse bleibt nicht ohne Herausforderung für jene, die aus Furcht vor dem nicht rationalisierbaren Triebgrund des Menschen ihren Schutz in einer Radikalisierung von Aufklärung, das ist Vergeistigung für das Ich, suchen. Vergeistigung als radikale Aufklärung schafft jene Entfernung der körperlichen Basis, die das Subjekt mit Sicherheit dem Rückschlag seiner gewalttätig unterdrückten Triebnatur zum Opfer fallen läßt. Das Ausmaß an Erfahrung des ungebändigten Triebes ist die Maßgabe für die Bändigung des Ichs: die menschenalte Aufgabe der apollinischen Bändigung des Dionysischen. Die moderne Abstraktion von dieser Basis, die unabdingbare Entfernung des Körpers, der Affekte und Leidenschaften aus dem rationalisierenden Diskurs produziert eine Gewalt von Selbstbezwingung im Subjekt, das in unbewußter Komplizenschaft mit dem unterdrückten Begehren den gewalttätigen Aufruhr in sich trägt.

Der gesunde Menschenverstand, der nach Freud all jene Leiden schafft, die wir heilen müssen, ist auch jenes Alltagsbewußtsein, mit dem wir als Kliniker ständig im Streit liegen. Jene, die am Opfer der Selbstbezwingung zerbrochen sind, werden zu Opfern der Gemeinschaft und als solche Opfer der uns aufgetragenen therapeutischen Bemühung. Der imperiale Charakter der phallischen Signifizierung, der die Bezwingung des modernen Subjekts in diesem Selbstopfer bewirkt, konfrontiert den Kliniker mit der Notwendigkeit, über einen anderen Imperativ nachzudenken: einen "organischen Imperativ" (Nietzsche), der dem Subjekt Wachstum und Spontaneität im Ausdruck des Wünschens und Begehrens, Affektfreizügigkeit im Zusammenspiel von Trieb, Phantasie und Denken und damit die Konstituierung eines mit seiner Basis korrespondierenden "organischen Ichs" ermöglicht. Die Notwendigkeit der Parteinahme für eine andere Bestimmung von "Natur" des Menschen, eine andere Verfaßtheit des Subjekts, setzt den Kliniker auf die Spur des leibhaftigen Denkens, bringt ihn auf die Suche nach einer anderen Anschauung von Materie und Seele: jenseits der phallischen Zeichenmaschine entdeckten wir die maternelle Signatur von materia und psyche. Die Reflexion auf ein organisches Prinzip, um in der klinischen Anschauung eine Vorstellung für die Diätetik eines leibhaftigen Ichs zu gewinnen, zwingt den Kliniker zur Kulturtheorie, macht Kulturtheorie zwingend abhängig von klinischer Erfahrung. Die Zerreißung zwischen Medicozentrismus und Kulturtheorie in der Psychoanalyse hebt die wechselseitige Bedingtheit von klinischer Erfahrung und Gesellschaftskritik auf. Der Leerlauf der Interpretationsmechanik von Kulturtheorie bleibt stumm, das Schweigen der Kliniker ist beredt: die Abstinenz der Klinik vom gesellschaftskritischen Denken zeigt den Fortschritt der Affirmation in der klinischen Psychoanalyse.

Das Absehen von kulturtheoretischer Reflexion in der Praxis der Psychoanalyse verkürzt diese um eine Gesellschaftskritik, die nur überzeugend sein kann aus der Anschauung klinischer Erfahrung der Triebkonflikte. Die Entdeckung der weiblichen Signatur unter der phallischen Signifizierung ist ein Reflex der Praxis und nicht Ergebnis kulturtheoretischer Hermeneutik: unser Diskurs ist aus der Reflexion von Behandlungspraxis hervorgegangen und Ergebnis empirischer Forschung. Der Versuchung, hermeneutischen Denk- und Sprachspielen zu verfallen, die sich in immer größeren Distanzierungen und weiteren Spiralen vom Gegenstand der Anschauung entfernen, kann durch die Verknüpfung von Hermeneutik mit Empirie begegnet werden. Und aus einer solchen Vereinbarkeit des Antagonismus von Empirie und Hermeneutik gewinnen erst die Aussagen der Psychoanalyse Glaubwürdigkeit und Anrecht auf Überzeugung. Radikale Hermeneutik entsagt notwendiger Empirie, und Empirismus versagt sich dem Denken.

Die Praxis mit den Opfern der Moderne konfrontiert den Analytiker mit der Krankheit der Moderne: der rationalisierende Diskurs schreibt die Krankengeschichte der modernen Seele. Wir sehen die Anwälte des "objektiven Faktors" der Geschichte jetzt schon mit dem Vorwurf des Psychologismus antreten, wenn wir dem "subjektiven Faktor" einen solchen Anspruch einräumen. Dies läßt uns aber gleichgültig angesichts des Elends des "subjektiven Faktors", der uns ständig mit dem Niederschlag des "objektiven Faktors" in ihm konfrontiert. Dabei machen wir unablässig die Erfahrung, daß Veränderung nur darin zu suchen wäre, dem Menschen durch ein anderes Selbstverhältnis eine andere Beziehung zur inneren wie zur äußeren Natur zu vermitteln.

So haben wir in unserem Diskurs zuerst die Auseinandersetzung mit der Krankheit der Moderne aufgenommen, den vergessenen Triebgrund in der rationalisierenden Diskurspraxis freigelegt und nachträglich die Schöpfung der modernen Mentalität bei Descartes analysiert, die Verdrängung des Körpers und der sinnlichen Materialität aufgeklärt. Die cartesianische Wende, der Verlust konaturaler Erfahrung von Natur, verbunden mit der Entfernung der eigenen Sinnlichkeit des Menschen, hat in dieser Wende Descartes’ den Körper durch seine Abwesenheit erst zum Gegenstand des Bewußtseins werden lassen. Die cartesianische Wende ist der Grund des Verlustes an sinnlicher Materialität und die Ursache einer Gegenbewegung zur Entdeckung des Körpers.

Nietzsche und Freud sind dialektische Antworten auf Descartes: die Entfernung des Körpers im Diskurs der Moderne ist die Bedingung der Wiedereinführung des Körpers, der Triebnatur durch Nietzsche und Freud. Die ungeheure Verklärung und Vergeistigung durch die herrschende Rationalität ist Bedingung des Freudschen Diskurses in der Rückbesinnung des Geistes als Triebschicksal, ist Verfassung von Naturgeschichte als Aufklärung über die Triebnatur des Subjekts. Freud gewinnt in seinem Diskurs die von Nietzsche geforderte "mythische Tiefe des Wissens" über die Natur des Menschen zurück.

Das Physisdenken Freuds kommt erst zur Tiefe seiner Anschauung im Zusammenhang der neuzeitlichen Besinnung des Denkens auf Natur bei Nietzsche, Heidegger, Bloch und anderen, die der Materie ihre Qualität zurückgeben: jenseits der Vorherrschaft des Quantitativen, einer öden Mechanei des modernen Materiebegriffs, die Entdeckung von materia als sich ständig selber ausgebärender Schoß, der ein jedes in sich zurücknimmt (Bloch). Es ist der Blick Freuds auf die materia, auf den im Anfang verfügten Ausgang des Lebens, dessen "unheimlichen", heimlich-heimischen Ort er im "mütterlichen Schoß" entdeckte. Unter dieser Perspektive ist die Psychoanalyse Freuds eine Lebens- und Wissenslehre im Gegendiskurs zum Totalitätsanspruch von Vernunft in der Moderne, eine radikalisierte Aufklärung über den vergessenen Triebgrund des Subjekts. Psychoanalyse als andere Aufklärung ist jedoch nicht zu denken ohne Selbstaufklärung über ihre eigene Rationalisierung, die sie zum Bestand eines selbstvergessenen Instruments von Wissenschaft gemacht hat.

Dem Freudschen Diskurs, von uns aufgenommen zur Analyse der Moderne und zugleich eingeführt als Gegendiskurs gegen die modernisierte Psychoanalyse, haftete Apologetisches und Restauratives an, wenn er nicht selber einer kritischen Negation ausgesetzt würde. Die Verblendung Freuds gegenüber seiner Praxiskonstruktion, die ihn durch die Verleugnung seines Begehrens zur Entdeckung der Sexualtheorie brachte, wird in seiner Nachfolge durch blinde Wiederholung als Technik zu einer bequemen Einrichtung in festgestellten Begriffen, die eine fertig gelieferte Aufklärung vermitteln, anschauungs- und erfahrungsleer. Psychoanalyse führt durch dieses Anbequemen ans Gelieferte unter dem Vorwand von Aufklärung einen affirmativen Diskurs, in dem in abgegriffener Sprache die zu Klischees geronnenen Neuheiten Freuds im Angebot von Selbsterneuerung und Selbstbestimmung für jedermann ausgelegt sind.

Die Lebens- und Wissenslehre Freuds ist aus dem Anspruch vom "richtigen Leben" nicht herauszustellen. Denn die Aufklärung über die libidinöse Bedingtheit aller Lebenserscheinungen enthält doch die Aufforderung, eine diesen libidinösen Gesetzen folgende Lebensordnung zu schaffen. Der utopische Geist der Psychoanalyse, der manche Erneuerungsbewegungen aus sich freigesetzt hat, die sich im Zeichen neuer Sinnlichkeit des Subjekts als modisches Körpertraktieren herausstellten, verfällt der ubiquitär waltenden Affirmierbarkeit, wenn die negative Dialektik des Subjektiven nicht bedacht wird. Adornos Satz: "Es gibt kein richtiges Leben im falschen", ist reflektiert auf dem Hintergrund der Dialektik, daß die Erkenntnis des Subjekts durch die Erfahrung seiner Abwesenheit sich einstellt, daß mögliche, individuelle Erfahrung sich notwendigerweise auf ein Subjekt stützen muß, das verschwunden ist. Die Wahrheit des Subjekts gewinnt sich aus der Negativität, der es ins Angesicht schaut. Die Freudsche Erfahrung des Individuellen stützt sich auf ein Subjekt, das historisch veraltet ist und die Erinnerung an ein Ideal von Subjektivität wachhält (Marcuse), das, unzeitgemäß, im Vergangenen die Erinnerung des in ihm Noch-Zukünftigen bewahrt.

Psychoanalyse hat sich, ihren besseren Möglichkeiten zum Trotz, psychosozial in den Dienst bedenkenloser Verwertung nehmen lassen und ihr Widerspruchsdenken dem Geist des gesunden Menschenverstandes geopfert um der gesellschaftlichen Anerkennung willen. Die Anspannung des Denkens und die Anstrengung dieses Diskurses blieben folgenlos, wenn sich für Psychoanalyse nicht die Zeit ihrer Affirmierbarkeit erfüllt hätte. Der Verlust der anschaulichen Erfahrung ihrer Begrifflichkeit und das Verschwinden ihrer subversiven Potenz ist Grund für die Vergegenwärtigung fehlenden Denkens in der Psychoanalyse: die Abwesenheit von Essenz ist Ursache der Besinnung auf Widerspruch aus dem Geist der Psychoanalyse. Die an ihr Ende gekommene Affirmierbarkeit läßt in der Negativität, in der Erfahrung des Verlorenen, die Wahrheiten der Psychoanalyse erst ansichtig werden.

Die Selbstzerstörung von Psychoanalyse, die sich in der klinischen Pragmatik wie auch in der gesellschaftskritischen Anwendung niederschlägt, fährt freilich dem Kliniker schärfer ins Bewußtsein, da er nicht über die Ausrede des Kulturtheoretikers verfügt, der durch die Abwesenheit von Praxis sich allzu gerne des Medicozentrismus annimmt, um von der eigenen Ausweglosigkeit abzulenken. Denn Kulturtheorie ist unabdingbar an die klinische Anschauung des Triebkonflikts gebunden, wenn sie nicht in einer klischeehaft-literarischen Anwendung auf Kulturphänomene auslaufen will. Der Kliniker jedoch ist unentrinnbar der Praxis ausgesetzt, ständig bedroht, die Substanz psychoanalytischen Denkens zu verlieren. Und Kliniker, denen dies nicht mehr Gegenstand ihres Bewußtseins ist, könnten, ohne es zu wissen, ihr Denken schon verloren haben. Der Terminus Kliniker wird hier nur unter dem Vorbehalt gebraucht, daß Analytiker tatsächlich in der Anwendung von Psychoanalyse als klinischer Versorgungspraxis tätig sind und nicht im Arrangement des Standardsettings einer Privatpraxis, die den unmittelbar gesellschaftlichen Einflüssen und Widersprüchen der klinischen Tätigkeit nicht ausgesetzt ist und sich dadurch bequem die Illusion bewahren kann, subversive Praxis hinter verschlossenen Türen zu betreiben.

Wir führen diesen Diskurs vor dem Hintergrund des klinischen Anspruchs von Psychoanalyse und ihrer Inanspruchnahme durch die Klinik, die unser Tätigsein als Analytiker bestimmt; der Gedankengang des Diskurses ist jedoch nicht zu denken ohne den Zusammenhang, in dem sich unsere Reflexion um die Praxistheorie der Psychoanalyse geschärft hat durch die gemeinsame naturwissenschaftliche Arbeit in der Forschungsstelle für Psychotherapie und Psychopathologie der Max-Planck-Gesellschaft. Diese Herkunft unserer Arbeit zeichnet auch die Anspannung des Denkens zwischen Hermeneutik und Empirie, das professionelle Mißtrauen gegenüber Wissenschaftsmythen, der Mythologisierung von Theone wie der Mystifikation von Praxis und schreibt unserem Diskurs den grundlegenden Zweifel am Gegebenen der Psychoanalyse ein. Wenn Mythos, wie gezeigt wird, schon Aufklärung ist, dann schlägt psychoanalytische Aufklärung gerade dort in Mythologie zurück, wo die Bedingung psychoanalytischer Erkenntnis bei Freud nicht reflektiert und der Schöpfer der Psychoanalyse analytischer Erfahrung entzogen wird. Die Mythisierung der Autorität Freuds und des Instruments seiner Erfahrung ist die Folge. Psychoanalyse gibt sich mit dieser Mythisierung das religiöse Problem selber auf und mit dessen Rationalisierung einen Autoritarismus, der sie immer tiefer in die irrationale Verstrickung zieht.

Die Analyse des okkulten Problems der Psychoanalyse: die Transzendierung der Autorität Freuds in der Übertragung seines Begehrens auf das Feld seiner Praxis und auf das Feld seiner Bewegung ist der rote Faden, der sich durch unseren Diskurs zieht. Es ist auch der Faden, an dem sich in Theorie und Praxis wie auch in der Bewegung die Symptomtradition der Psychoanalyse gebildet hat.

Unser Diskurs, ein Experiment über Selbstaufklärung der Psychoanalyse mit den ihr eigenen Erkenntnismitteln, schreibt eine Geschichte, die erst im Beginn einer anderen und neuen Lesart von Psychoanalyse steht. Es ist jetzt Zeit für Hintergedanken in der Psychoanalyse, und Hintergedanken werden den Leser auch einnehmen bei der Lektüre dieses Textes gerade in dem, was er nicht sagt oder noch nicht aussprechen kann. Und die Antwort auf die Frage, die noch Lacan suchte, in welches Register denn Psychoanalyse einzutragen wäre, in das der Wissenschaften oder des Religiösen, haben wir in der Zuordnung der Psychoanalyse zur Rhetorik gefunden. Das Erkenntnisprinzip der Psychoanalyse, auf sie selber gewendet, hat die Bewegung dieses Textes unterhalten, und dessen Niederschrift hat Hintergedanken produziert, von denen wir selber im Fortgang des Schreibens immer überrascht wurden.

Dieser Diskurs erzählt eine Geschichte der Moderne, auch der modernisierten Psychoanalyse, die sich im "nachträglichen Verständnis" schreibt; analog zum psychoanalytischen Prozeß, in dem sich im Analysanden "nachträglich" Vergangenheit erzeugt. Im Gedankengang unseres Diskurses, situiert im Bewußtsein von Moderne, die in diesem Moment der Reflexion ihre Auflösung anzeigt, erzeugt sich "nachträglich" Vergangenheit der Moderne.

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