Michel Foucault

Michel Foucault (* 15. Oktober 1926 in Poitiers; † 25. Juni 1984 in Paris) war ein französischer Philosoph, Psychologe und Soziologe. Foucaults Arbeiten sind meist historische Analysen, die untersuchen, wie Wissen entsteht, Geltung erlangt und Macht ausgeübt wird. In diesem Zusammenhang untersucht Foucault unter anderem den Wahnsinn, die Medizin, die Humanwissenschaften, das Gefängnis und die Sexualität. Außerdem thematisiert er Literatur – vor allem anhand von Autoren wie Stéphane Mallarmé, Georges Bataille, Raymond Roussel und Sade – sowie Möglichkeiten politischer Intervention und den Selbstentwurf von Subjekten hinsichtlich des "Gebrauchs der Lüste". Quelle: Wikipedia

Sexualität und Wahrheit

Erster Band: Der Wille zum Wissen
Foucaults Arbeiten sind durch die Frage bestimmt: wie hängt in der abendländischen Gesellschaft die Produktion von Diskursen, denen zumindest für eine bestimmte Zeit Wahrheit zugeschrieben wird, mit den Mechanismen und Institutionen der Macht zusammen? Dieses allgemeine Problem untersucht Foucault im vorliegenden Band am Beispiel der Sexualität. Die seine Analysen leitenden Fragen lauten: auf welchen Wegen und aus welchen Gründen hat sich der Erkenntnisbereich organisiert, den man mit dem relativ neuen Wort "Sexualität" umschreibt; wie hat sich "Sexualität" in den religiösen Institutionen, in den pädagogischen Maßnahmen, in den medizinischen Praktiken, in den Familien gebildet, entwickelt, formiert; und welche Zwänge wirken auf die Individuen, seit man sie davon überzeugt hat, sie hätten in sich selber die geheime und gefährliche Kraft der Sexualität zu entdecken?

Zweiter Band: Der Gebrauch der Lüste
Das Motiv, das mich getrieben hat, ist sehr einfach. Manchen, so hoffe ich, könnte es für sich selber genügen. Es war Neugier – die einzige Art Neugier, die die Mühe lohnt, mit einiger Hartnäckigkeit betrieben zu werden: nicht diejenige, die sich anzueignen sucht, was zu erkennen ist, sondern die, die es gestattet, sich von sich selber zu lösen. Was sollte die Hartnäckigkeit des Wissens taugen, wenn sie nur den Erwerb von Erkenntnissen brächte und nicht in gewisser Weise und so weit wie möglich das Irregehen dessen, der erkennt? Es gibt im Leben Augenblicke, da die Frage, ob man anders denken kann, als man denkt, und anders wahrnehmen kann, als man sieht, zum Weiterschauen oder Weiterdenken unentbehrlich ist. Man wird mir vielleicht sagen, daß diese Spiele mit sich selber hinter den Kulissen zu bleiben haben; und daß sie bestenfalls zu den Vorarbeiten gehören, die von selbst zurücktreten, wenn sie ihre Wirkungen getan haben. Aber was ist die Philosophie heute – ich meine die philosophische Aktivität –, wenn nicht die kritische Arbeit des Denkens an sich selber? Und wenn sie nicht, statt zu rechtfertigen, was man schon weiß, in der Anstrengung liegt, zu wissen, wie und wie weit es möglich wäre, anders zu denken? Es ist immer etwas Lächerliches im philosophischen Diskurs, wenn er von außen den andern vorschreiben und vorsagen will, wo ihre Wahrheit liegt und wie sie zu finden ist, oder wenn er ihnen in naiver Positivität vorschreiben will, wie sie zu verfahren haben. Aber es ist sein Recht, zu erkunden, was in seinem eigenen Denken verändert werden kann, indem er sich in einem ihm fremden Wissen versucht. Der "Versuch" – zu verstehen als eine verändernde Erprobung seiner selber und nicht als vereinfachende Aneignung des andern zu Zwecken der Kommunikation – ist der lebende Körper der Philosophie, sofern diese jetzt noch das ist, was sie einst war: eine Askese, eine Übung seiner selber, im Denken.

Überwachen und Strafen – Die Geburt des Gefängnisses
Marter, Bestrafung, Disziplin, Gefängnis – das sind die vier großen Themen in Michel Foucaults erfolgreichem und fesselndem Buch über die Geburt des Gefängnisses, mit dem er eine schonungslose Inventur der Entwicklung der Gefängnis- und Bestrafungsstrukturen seit Mitte des 19. Jahrhunderts vornimmt und die modernen Gesellschaften als »Disziplinargesellschaften« ausmacht. Überwachen und Strafen zeichnet die Frühentwicklung der totalen Institution »Gefängnis« nach. Diese Entwicklung beginnt, nicht unabhängig von einigen großen Justizskandalen, um die Wende des 18. zum 19. Jahrhundert, als sich die »Ökonomie der Züchtigung« revolutionierte; es entstand eine neue Theorie des Rechts und des Verbrechens, eine neue moralische und politische Rechtfertigung der Strafe, eine neue Strafpraxis. Die vielleicht entscheidendste Veränderung ist der Wegfall der körperlichen Züchtigung, der Marter, und die Einführung der Isolierung der Gefangenen in Zellen – also der Weg zum vollkommenen Überwachungs- und Disziplinierungssystem. Die Gefängnisse werden bürgerliche Zuchthäuser, Zuchtanstalten. Foucaults Geschichte des Gefängnisses ist aber auch eine Geschichte unserer Gesellschaft – die Geschichte unserer Befriedung und Zähmung in den Zuchthäusern, die uns als notwendige, nützliche, produktive, lebenserhaltende, existenzsichernde Anstalten vertraut sind: Schulen, Kasernen, Betriebe, Krankenhäuser.